hr- und die verschwundene Kultur!

Wenn man dem hr vorwirft, er käme seinem öffentlichen Auftrag nicht nach, weil er einen Kultursender im Radio einstellt – dann ist das so pauschal erst einmal richtig.

Wenn man dies jedoch ohne Zusammenhänge mit einem seit Jahren konstanten Rundfunkbeitrag, europäischer Zinspolitik und medialen Veränderungen durch Konvergenz tut, dann ist es zu kurz gesprungen.

 

Das Interview mit hr-Hörfunkdirektor Sommer in der FAZ:

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/hr-hoerfunkdirektor-heinz-dieter-sommer-im-interview-16346601.html

In der Vergangenheit sind viele hochwertige Programmangebote im Radio verschwunden. Einmal gestrichen, kommen sie auch nie wieder. Fachredaktionen wurden abgebaut, Redaktionspools unter der Überschrift „Trimedialität“ entstanden und investigative Recherche als etwas Außergewöhnliches öffentlich verkauft.

Der Vielfaltsverlust ist offensichtlich, aber die Intendanten der ör Sender sind schon lange keine Verteidiger eines qualitativ anspruchsvollen Rundfunks mehr, der seine demokratiesichernde Funktion umfassend in Zeiten der Medienkonvergenz wahrnimmt.

Zu sehr hat man sich der Kritik am Rundfunkbeitrag gebeugt, der Zwangsabgabe – wie die FAZ oft schrieb – anstatt seinen öffentlichen Auftrag für die Gesellschaft auch gegen die Spar- und Wahlkampfsprüche der Politik zu verteidigen.

Ein Kultursender ist teuer, weil personalintensiv. Gebildete intellektuelle Redakteure sind keine Ramschware, sondern angemessen zu bezahlende Kulturvermittler, die sich der ör Rundfunk oft nicht mehr leisten kann. Das gehört zur Ehrlichkeit dazu, und müßte die Intendanten ihren Kampf gegen KEF und Politik im Sinne ihres Auftrags für die Gesellschaft da zu sein, aufnehmen lassen.

Aber es muß auch andere Wege geben, als die Einstellung eines Kultursenders aus finanziellen Gründen zu betreiben. Früher haben ARD-Radio-Wellen intensiv kooperiert und nationale Angebote mit regionaler Auseinanderschaltung angeboten. Damit ließe sich manches retten. Aber beim vermeintlichen Schutz der „eigenen Rundfunkanstalten“ spielt auch in derartigen Diskussionen die Politik einer fatale Rolle.

 

 

Ich habe ein Buch von „von Humboldt“ als Bild zu diesem Beitrag gewählt. Wer es liest muß erkennen, daß all unsere Umweltprobleme in erschreckender Klarheit bereits durch von Humboldt prognostiziert und beschrieben wurden. Lediglich das Ausmaß hat sich verändert.

Aber wer sollte eine Gesellschaft auf Denker und Naturwissenschaftler wie von Humboldt noch aufmerksam machen, wenn Kultur und Wissenschaft in den ör Sender immer mehr verschwinden?

Wir, als Gesellschaft als Ganzes, sind die Verlierer, weil Politik, Rundfunk und Presse sich über Geld und Macht, nicht aber über die Wege zum Erhalt einer informierten Gesellschaft streiten.

Meinungsfreiheit ist nicht der politische Sparstrumpf der Landesregierungen und Parteien, Meinungsfreiheit ist auch nicht ein Feld für wirtschaftspolitische Machtverteilung und Meinungsfreiheit erhält sich nicht selbst, wenn Intendanten zum politischen Wohlgefallen aufhören, sie zu verteidigen.

Ein weiteres hr Jugendangebot ist schlicht überflüssig. Es gibt genug Angebote, die keine regionale Ausrichtung haben, nicht zuletzt „funk“. Auch die Besetzungsstrategie einer Frequenz ist falsch – wofür denn?

Rundfunkanstalten, füllt endlich wieder den öffentlichen Auftrag aus, ohne auf die „Spielchen“ aus der Politik, die Selbstdarstellungen der KEF oder auch das Dauerunken aus der Presse zu reagieren.